U20: Nationalverteidiger als Torwart
EHC Freiburg – EKU Mannheim 13:2 (4:1, 5:0, 4:1)
Im Fußball gibt es die Angst des Tormanns beim Elfmeter. (Haben viele schon mal davon gehört, aber nur wenige gelesen, diese Erzählung von Peter Handke. Was nicht weiter schlimm ist.)
Im Eishockey gibt es die Angst der Eltern, dass ihr Kind Torwart werden wollen könnte. Auch davon haben viele schon mal gehört, und Eishockey-Veteranen wissen auch warum: Die Torwartausrüstung ist teuer, oft fehlt es an geeignetem Torwarttraining, und wenn das Kind im Tor einen Fehler macht, ist er folgenreicher als wenn ein anderes Kind im Sturm fünf Mal die Scheibe verdaddelt. Also zucken viele Eltern zurück, wenn ihr Junior den Goalie-Wunsch äußert. Übrig bleiben nur besonders willensstarke Kinder, die sich zwischen die Pfosten stellen, um anfangs geschobene Mini-Pucks und später 100 km/h schnelle Geschosse zu entschärfen.
Eines dieser willensstarken Kinder war Maurice Hempel. Maurice wird diesen Sonntag 19 Jahre alt und darf deshalb in dieser Saison auch noch das Tor der Junioren-Mannschaft (U20) des EHC Freiburg hüten. Nun begab es sich aber just am vierten Advent (18.12.), als diese Junioren die EKU Mannheim zum Ligaspiel empfangen sollten, dass Maurice Hempel krank war und im gesamten Verein kein Ersatz greifbar. Sollte der EHC diese Partie jetzt absagen? Obwohl seine U20 seit fünf Wochen keine Partie mehr hatte und endlich ihre makellose Serie fortsetzen wollte: 6 Spiele, 6 Spiele, 88:9 Tore?
„Nein!“ – war kurz vor der drohenden Spielabsage aus dem Hause Hempel zu hören. Maurice hatte seinen Bruder Niclas unter vier Augen in die Geheimnisse des Goalie-Gebarens eingeweiht. Niclas war im August 15 Jahre alt geworden und gehört als Verteidiger der U16-Nationalmannschaft an. Nun stellte sich am Sonntag den Gästen aus Mannheim im EHC-Tor ein Hempel entgegen, der nie zuvor dort gestanden hatte. Niclas Hempel hatte in seiner EHC-Karriere schon jede Position im Feld eingenommen, vom rechten Verteidiger bis zum linken Flügel. Torwart aber war er noch nicht gewesen. Das änderte sich nun, unter viel Gemurmel von 77 Zuschauern und 19 Gästespielern. Und der EHC-Goalie i.V. machte seine Sache gut. Mit zusammengeborgter Ausrüstung hielt Niclas Hempel, was zu halten war, erntete Szenenapplaus für festgehaltene Fernschüsse und dirigierte lautstark seine Vorderleute.
Diese Vorderleute erkannten aber ohnehin früh, wo das EKU-Tor stand. Und sie hatten genug Manpower, um es ausdauernd zu attackieren. Erstmals in dieser Saison konnte EHC-Trainer Peter Salmik nämlich 15 Feldspieler aufbieten. Drei komplette Reihen – das bedeutete: Jeder Spieler konnte sich auspowern und danach zwei Wechsel lang verschnaufen. Diese Möglichkeit nutzte besonders das emsige Duo Bechtold/Schiffermüller früh und bis zum Ende am entschlossensten. Mit seinem Treffer zum 1:0 (4. Minute) eröffnete Paul Bechtold eine Partie, in der ihm nicht weniger als neun Punkte gelingen sollten, darunter vier Tore – eines schöner als das andere.
Aber auch Nils Meinzer machte von sich reden. Sein Tor zum 3:1 (14.) war bereits der zweite EHC-Treffer des Tages bei eigener Unterzahl. Nahtlos konnte Meinzer damit an seine Reihe starker Auftritte im Freiburger Trikot anknüpfen. In der ersten Drittelpause versuchte er sich dann an einem Gordie-Howe-Hattrick, benannt nach dem großen Raubein der NHL-Geschichte: „A goal, an assist and a fight“ braucht es für diesen Hattrick, alles in einem Spiel. So führte eine Auseinandersetzung im Zamboni-Gang zwischen Meinzer und Gästestürmer Florian Nowack zur Spieldauerstrafe für beide. Allerdings – so vermerkte der Gordie-Howe-Fanclub im A-Block – hatte Nils Meinzer zu diesem Zeitpunkt noch keine Torvorlage gegeben.
Auch die nächsten Spieltermine der EHC-Junioren liegen in der Echte-Helden-Arena, allerdings erst im nächsten Jahr. Am Sonntag, 15. Januar, kommt Eppelheim und am 29. Januar wiederum EKU Mannheim nach Freiburg.
EHC Freiburg U20 (Tore/Vorlagen): Niclas Hempel (Tor); Samuel Flamm (2/-), Leon Wiesner (1/1), Leonard Glatz, Silas Flamm (1/3), Joshua Basham, Luca Mair (-/1), Cedric Ringenbach (-/1), Nils Nagreli (1/1), Luis Loyal (1/2), Nils Meinzer (1/-), Maximilian Spitz, Lio Leichsenring, Nathan-Julius Hoffmann, Paul Bechtold (4/5), Milan Schiffermüller (2/4)
Text: Toni Klein/Foto: Jasmyn Groeschke