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27.02.2025

U20: Schon wieder Sieben

Mannheimer ERC – EHC Freiburg U20 1:7 (0:2, 1:3, 0:2)

In ihrem ersten Jahr in der DNL-3 (Südgruppe) lässt die U20-Mannschaft des EHC Freiburg es gerne krachen. Vor dem letzten Rundenspiel, am Samstag (22.02.) in Mannheim, hatte sie schon fünf Partien mit 7:1 oder 7:0 gewonnen – als Aufsteiger, wohlgemerkt. Nun entzündete man pünktlich zum Rundenschluss nochmals ein Feuerwerk und besiegte auch den MERC mit 7:1 – in dessen eigener Halle, notabene.

Damit haben die Freiburger in 28 Spielen eine Bilanz eingefahren, die zuvor niemand erwarten durfte: 68 Punkte! Das sind elf Punkte mehr als der Zweitplatzierte Ravensburg und zwölf mehr als die Mannheimer, die noch im Januar ein ernster Kontrahent des EHC im Titelkampf waren. Damals hatte das Team von EHC-Tainer Martin Sekera in einem emotionalen Duell noch mit 3:5 verloren, anschließend aber genau die richtigen Lehren gezogen.

Eine dieser Lehren lautete: Auch wenn Du früh in Führung gehst – lass in Deiner Intensität erst nach, wenn der Gegner wirklich keine Zuversicht mehr hat! Am Samstag folgten die 15+2 Spieler, die Sekera mitgebracht hatte, diesem Grundsatz Tor für Tor für Tor. Nach einem Steal von Niclas Hempel im Mitteldrittel ging es ganz schnell: Pass auf Paul Bechtold, Direktabnahme, 0:1 nach zweieinhalb Minuten. Es folgten mehrere starke Offensivaktionen hüben wie drüben, und dann wieder das bewährte Muster: Luis Bockstahler stibitzt einem Gegner die Scheibe, schnelles Umschalten, Paul Bechtold zieht auf dem Flügel davon, überlegter Pass auf den Trailer in der Mitte, Niclas Hempel schiebt souverän zum 0:2 ein (10.).

Dieses blinde Verständnis, in zwölf Jahren seit der gemeinsamen Mini-Zeit gewachsen, ermöglichte auch den nächsten Treffer: Dank eines zauberhaften Doppelpasses over the back mit Milan Schiffermüller steht Paul Bechtold plötzlich frei vor dem Tor, könnte schießen, sieht aber, dass Niclas Hempel eine noch bessere Schussbahn hat, und der fackelt nicht lang – 0:3 (24.). Auch dem vierten Freiburger Tor geht ein wunderbares Umschaltspiel voraus: der MERC baut einen Angriff auf, EHC-Stürmer Lio Leichsenring antizipiert im richtigen Moment, fängt die Scheibe ab, schickt Rafael Brug steil, und genau vier Sekunden nach der Puckeroberung klingelt es schon wieder – 0:4 (30.).

Nach dieser Vorentscheidung wechselt Trainer Sekera sein Personal auf der Goalie-Position: Für Christian Goss, der eine phänomenale Saison spielt, kommt Ella Gappel, die eine phänomenale Saison spielt. Dass Gappel wenig später das 1:4 (34.) hinnehmen muss, ist nicht ihr anzukreiden. Im Streaming-Portal RED+ kann man ja alle DNL-Spiele vorwärts rückwärts trallala studieren. Und da zeigt das Standbild zwei Sekunden vor dem Mannheimer Anschlusstreffer den Klassiker unter den mannschaftstaktischen Fehlern. Als ein MERC-Spieler hinter Gappels Tor zieht, deckt jeder Freiburger einen Bereich ab, in den die Scheibe vielleicht kommen könnte – nur an die Mitte, den Slot unmittelbar vor dem EHC-Gehäuse denkt keiner. Doch der blind gespielte, doppelt abgefälschte MERC-Pass kommt genau hierhin. Und von den Mannheimern, die das Besetze-den-Slot schon mit der Muttermilch eingebimst bekommen, steht natürlich einer goldrichtig und schiebt in Seelenruhe ein – 1:4.

Es folgt nun der anspruchsvollste Treffer des Tages: Fynn Ludwig erobert die Scheibe in der rechten Angriffsecke. Umzingelt von zwei Gegnern passt er auf Tomas Santora, der im Bullykreis lauert, während ihm zwei weitere Mannheimer auf die Pelle rücken. Kurzer Blick, alle Passwege sind verstellt, der Goalie ist schon unterwegs auf die Knie, also lupft Santora den Puck in Bedrängnis unters Tordach, mit so viel Schmackes, dass nicht nur das Tor zum 1:5, sondern auch die Trinkflasche des Goalies fällt (38.).

Es folgt der witzigste Treffer des Monats: Während die Kollegen zum Wechseln an die Bande fahren, checkt Rafael Brug alleine vor. Geht den ganz langen Weg, bis hinters MERC-Tor. Klebt sich hartnäckig an einen MERC-Verteidiger, der die Scheibe nur noch wegschieben will, dabei aber eine Bogenlampe produziert. Eine Weile weiß keiner, wo die Scheibe ist. Dann fällt sie aus heiterem Himmel dem Goalie in den Nacken und von dort über die Torlinie – 1:6 (46.).

Das Ergebnis klingt inzwischen nach Klassenunterschied, und das ist ungerecht, denn die Gastgeber sind keine fünf Tore schlechter als das EHC-Team. Um das zu korrigieren, ziehen sie schon fünf Minuten vor dem Ende den Torwart. Doppelte Überzahl, weil EHC-Verteidiger Leo Glatz eine Strafe absitzt. Wieder wird Ella mehrfach geprüft und verhindert mit Bravour weitere Gegentreffer. Sechs Mannheimer bedrängen vier Freiburger, doch einer davon, Cedric Ringenbach, fängt einen unsauberen MERC-Pass ab, sieht den freistehenden Rafael Brug, der sieht den durchstartenden Tomas Santora, und der schiebt den Puck zwischen drei Mannheimer ins leere Tor – 1:7 (56.). Zeit zum Feiern.

Aber auch Zeit zum Nachdenken, jetzt wo die Playoffs anstehen. Diesen unerwarteten Meistertitel hat diese Mannschaft unter anderem ihrer Disziplin zu verdanken. Kein Team musste seltener in die Penalty-Box, 310 Strafminuten sind entscheidend weniger als 382 (Ravensburg), 494 (Mannheim), 463 (Weiden) oder 526 (Landsberg). Der zweite Meister-Faktor ist die Torhüter-Besetzung. Auch in Mannheim hatte Ella Gappel, wie zuvor Christian Goss, viele viele Saves, selbst bei unklaren Flugobjekten. Beide waren, vom Anfang bis zum Ende dieser Runde, ein zuverlässiger Rückhalt.

Zum Meister-Faktor werden die Goalie-Leistungen aber erst im Zusammenspiel mit ihren Verteidigern. Seit den Niederlagen am grünen Tisch gegen Ravensburg Anfang November hat dieses Team in 18 Partien nur zwei Mal mehr als zwei Gegentore zugelassen – das eine Mal beim 4:3-Overtime-Sieg gegen den MERC, das andere Mal bei der erwähnten 3:5-Niederlage in Mannheim. In allen anderen Fällen wurde die alte Hockeyweisheit beherzigt: Den ersten Schuss hat der Goalie, den zweiten verhindern die Verteidiger.

Und nach vorne ist dieses Team ohnehin ein Juwel. In den bislang zehn Partien im neuen Jahr traf man im Durchschnitt 5,3 Mal pro Spiel. Sehr schön im Hinblick auf die Aufstiegs-Playoffs ist auch, dass diese Angriffsstärke sich auf viele Schultern verteilt. Von Milan Schiffermüller (19 Tore, 36 Assists) über Niclas Hempel (22/30), Luis Bockstahler (18/30), Paul Bechtold (17/25) bis zu Fynn Ludwig (11/11) – gleich fünf Spieler trugen knapp unter oder deutlich über 2 Punkte pro Partie zum Gelingen bei. Dahinter folgt fast ein Dutzend Spieler, die in dieser Saison zweistellig punkten konnten. Eine Mannschaft, die offensiv so schwer auszurechnen ist, kann es in den Playoffs weit bringen.

Diese Playoffs stehen genau jetzt an. Erster Gegner ist der EHC 80 Nürnberg, der in der bundesweiten DNL-2 hinter Chemnitz, Deggendorf und Füssen Vierter wurde. Die ersten Spiele steigen am 1. und 2. März in Nürnberg. Ein Wochenende später, am 8. und 9. März, trifft man sich in Freiburg. Falls dann noch Spiel 5 von Nöten ist, findet es am Dienstag, 11. März, wiederum in Nürnberg statt.

Für den EHC im Einsatz (Tore/Vorlagen): Christian Goss, Ella Gappel (Tor); Samuel Flamm, Rafael Brug (2/-), Fynn Ludwig (-/1), Niclas Hempel (2/1), Lio Leichsenring, Leonard Glatz, Adam Kasanda (-/1), Silas Flamm, Cedric Ringenbach (-/1), Edoardo Pellegrini, Tomas Santora (2/-), Robin Eggert, Paul Bechtold (1/2), Milan Schiffermüller (-/3), Luis Bockstahler

Text: Toni Klein/Foto: Andreas Eggert

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