17.09.1999

EHC verliert in Tölz in der Overtime

3:0 geführt, 3:5 zurückgelegen, Ausgleich zum 5:5 und in der Verlängerung verloren - der EHC Freiburg ließ die Emotionen seiner mitgereisten Fans beim ersten Auswärtsspiel der Saison in Bad Tölz Achterbahn fahren. Nach einem triumphalen Auftakt brachten die Wölfe die Tölzer durch zahlreiche individuelle Fehler wieder ins Spiel und musste zudem innerhalb kurzer Zeit Mares (er musste nach einem sehr harten, aber fairen Check von Sälle mit Verdacht auf Schultereckgelenksprengung ins Krankenhaus) sowie Grossmann (Spieldauerdisziplinarstrafe) verzichten. Trotzdem kam der EHC wieder ins Spiel und schaffte - vor allem dank einer famosen kämpferischen Leistung des ersten Sturms - noch den 5:5-Ausgleich. In der Verlängerung war es 58 Sekunden vor Schluss Florian Keller, der den nicht unverdienten Tölzer Siegtreffer erzielte.

Dem EHC bleibt nach dieser Niederlage immerhin ein Punkt. Morgen, Samstag, sowie am Sonntag veranstaltet der EHC sein Stadionfest. Heimpremiere ist am Sonntag um 17 Uhr gegen Grefrath. Familine mit Kinder haben verbilligten Eintritt.

Spielanalyse: Die Eishalle des beschaulichen Kurorts Bad Tölz liegt in einem Wohngebiet. Schon am Eingang des Stadions weist ein Schild darauf hin, dass neben „Tieren und Fahrrädern" auch bitteschön das Mitbringen von „Lärminstrumenten" zu unterlassen ist - in Tölz weiß man die Ruhe zu schätzen. Weshalb die Anwohner vermutlich mal wieder eine Beschwerde beim Ordnungsamt einreichen werden. Denn zu vorgerückter Stunde schallte am Freitag ein dröhnender Torjubel durch das Wohngebiet. Der EC Bad Tölz hatte gegen den EHC Freiburg im Sudden Death das entscheidende Tor erzielt und 6:5 gesiegt.

Bemerkenswerte Stille am Anfang des Spiels: Im Stil einer Klassemannschaft startete der EHC in die Saison und führte durch Treffer von Znarok (2) und Strakhov nach einer Viertelstunde mit 3:0. Ein blendender Auftakt, mit dem die Wölfe ihre Ambitionen, beim Kampf um den Aufstieg mitzumischen, deutlich machten. Dann allerdings das Fiasko: Zwischen der 17. und 33. Minute kassierte der EHC fünf Treffer und verspielte den Sieg.

Zwei Faktoren führten zu dem Einbruch. Zum einen schlichen sich nach der komfortablen Führung viele Fehler in das Defensivspiel ein. Beim zweiten Tölzer Tor ließ der unsichere Haas den Puck durch die Schoner flitzen, davor ließ sich Bauer vom Tölzer Verteidiger Curth überlaufen. Beim vierten brachte Gorgenländer ohne Not vor dem eigenen Kasten den Gegner ins Spiel. „Wir waren leichtsinnig und undiszipliniert", sagte Trainer Dolak.

Der zweite Grund für den Einbruch: Binnen kurzer Zeit fielen zwei Schlüsselspieler aus. Zuerst kassierte Grossmann in der 26. Minute nach einer Schlägerei eine Spieldauerdisziplinarstrafe. Grossmann sprang von der Spielerbank auf’s Eis und mischte beim Faustkampf mit, was den Regeln entsprechend den Ausschluss zur Folge hat. Vier Minuten darauf musste auch noch Mares nach einem Check des Schweden Sälle verletzt vom Eis. Wie eine Abrissbirne kam Sälle, ein Mann mit der Statur eines Büffels, angerauscht und schmetterte Mares gegen die Bande. Der Tscheche musste ins Krankenhaus. Die erste Diagnose: Schultereckgelenksprengung. Für Mares und Grossmann kamen die unerfahrenen Thimm-Brüder aufs Eis.

Trotz dieser Nackenschläge kam der EHC ins Spiel zurück. Die Wölfe, allen voran der überragende erste Sturm, leisteten ein enormes Pensum. Khaidarov gelang nur 21 Sekunden nach dem 5:3 der Anschlusstreffer, Vozar fälschte in der 51. Minute einen Peroutka-Schlagschuss zum 5:5 ab, was den Freiburgern wenigstens einen Punkt sicherte. In der Verlängerung markierte Keller 58 Sekunden vor Schluss den Gamewinner.

„Wir haben zwei Punkte verschenkt", sagte ein verärgerter Dolak. Der Coach nahm besonders Neuzugang Sultanowitsch, der sich häufig versteckte und kaum anspielbar war, ins Gebet: „Er muss sich sehr anstrengen, um seinen Stammplatz zu verteidigen." Beim heutigen Heimspiel gegen den Grefrather EV, der am Freitag zu hause Rießersee 5:9 unterlag, stellt sich das Team indes von alleine auf. In Grossmann (gesperrt), Vasicek und Mares (beide Schultereckgelengsprengung) fallen drei Spieler aus. „Wir haben keine Leute mehr", sagte Verteidiger Peroutka ironisch.

Was in dem Tölzer Wohngebiet zu später Stunde für ziemlichen Zündstoff sorgte. Mit Verve redeten Znarok, Dorochin und andere Cracks vor dem Mannschaftsbus auf Trainer Dolak ein und forderten, dass der dünne Kader aufgefüllt werde. Nun ist eine Overtime-Niederlage bei den heimstarken Tölzern kein Grund zur Panik. Sollte sich allerdings bestätigen, dass die beiden Kontingentspieler Mares und Vasicek langfristig nicht zur Verfügung stehen, muss sich der EHC nach neuen Spielern umsehen. Immerhin bei Mares gab es gestern Entwarnung: Die Schulter ist „nur" geprellt, er wird ein bis zwei Wochen fehlen

Trainerstimmen:
Schlickenrieder: Ich bin mit meiner Mannschaft sehr zufrieden. Vier Spieler haben vergangene Woche wegen Grippe nicht trainieren können. Trotzdem haben sie heute gespielt. Immer wenn es uns nicht gelungen ist, Freiburg früh zu attackieren, haben wir Probleme bekommen. Vor dem dritten Tor war es wie Telepathie: Als ich Dubé hinter dem Tor gesehen habe, habe ich gedacht: Mach es wie in Rosenheim - und er machte es.

Dolak: Wir haben die Punkte verspielt. Ab dem zweiten Drittel haben wir sehr leichtsinnig gespielt. Wir müssen hart an unserer Disziplin arbeiten. Der Ausfall von Mares wird uns sehr weh tun, weil er immer Leben ins Spiel bringt.

Bemerkenswertes:
***EHC kassiert in 15 Minuten fünf Gegentore
***Schiedsrichter Bertl zeigt eine tadellose Leistung
***Während einer Spielunterbrechung befördert Jupp Peroutka liebevoll und vorsichtig mit der Kelle einen Nachtfalter vom Eis.
***Petr Mares muss nach einem harten Check von Johann Sälle ins Krankenhaus. Erste Diagnose: Schultereckgelenksprengung.

Beste Spieler:
EC Bad Tölz : Dubé, Zeller
EHC Freiburg: Znarok, Vozar

Statistik:
0:1 (3.) Znarok (Vozar)
0:2 (14.) Strakhov (Mares)
0:3 (15.) Znarok (Peroutka) 5-4
1:3 (17.) Flanagan (Dubé)
2:3 (24.) Curth
3:3 (28.) Dubé (Valenti/Flanagan)
4:3 (31.) Valenti (Flanagan/Dubé)
5:3 (33.) Zeller (Keller)
5:4 (33.) Khaidarov (Znarok/Vozar)
5:5 (51.) Vozar (Peroutka/Khaidarov)
6:5 (65.) Keller

Zuschauer:1200
SR: Bertl
Strafen: Tölz: 14, EHC 16 + Spieldauer Grossmann

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